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ASVG Pensionisten – Mietbeihilfe: Alle zwei Wochen zum Wohnsitz nach Wien?

ASVG Pensionisten – Mietbeihilfe: Alle zwei Wochen zum Wohnsitz nach Wien? published on

Text: BMIN
Von der Wohn- und Mietbeihilfe zur Mindestsicherung
Im Jahre 2010 trat in Wien das Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) in Kraft. Auch für Menschen mit Behinderung, die eine Invalidenpension, bzw. Berufsunfähigkeitspension beziehen, gilt seitdem das WMG.

In der geltenden Fassung des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG §21 Abs. 1) steht u.a.:
(1) Hilfe empfangende Personen haben jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.

Dies bedeutet: Auch wenn man lediglich eine Miet- und Wohnbeihilfe bezieht, muss man sich bei der Magistratsabteilung „abmelden“, wenn man länger als zwei Wochen nicht in Wien ist. Sonst muss man befürchten, dass die Mietbeihilfe zurückbezahlt werden muss.

Wer kann dies kontrollieren und ist dies rechtskonform?
Hier stellt sich schon die Frage: Wie kann man das kontrollieren, ohne in die persönliche Privatsphäre einzudringen? – Und ist dies tatsächlich rechtskonform?

Unserer Meinung nach ist Österreich ein Bundesstaat und es kann nicht sein, dass ASVG-Pensionisten mit Ausgleichszulage zwei Monate im Ausland verbringen dürfen, ja sogar in ein EU-Land umsiedeln können, ohne die Pension zu verlieren. Wenn diese jedoch auch Mietbeihilfe beziehen, gelten für sie auch seit 2010 das WMG. Die Mietkosten laufen jedoch auch weiter, wenn die Betroffenen längere Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten haben, bzw. privat die Ferien bei Freunden z.B. in Niederösterreich oder Burgenland verbringen. Selbst wenn diese Personen länger als 2 Wochen ins Gefängnis müssen, laufen die Mietkosten ja weiter…

2007-2017 wurde der Ausgleichszuglagenrichtsatz von ASVG-Pensionisten von 726 Euro auf 889 erhöht – allerdings werden die Sozialversicherungsabgaben noch abgezogen. Die Mietbeihilfe ist in Wien etwa gleich geblieben – die Mieten und Lebenshaltungskosten sind jedoch gerade in den letzten Jahren auch in Wien rasant gestiegen. Und die Armutsschere wird immer größer, ein Ende ist leider noch nicht abzusehen…

Anm.: Wie uns berichtet wurde, wird bei der MA 40 die Adresse aber auch die Sozialversicherungsnummer telefonisch abgefragt – zum Sachbearbeiter wird gar nicht mehr verbunden – lediglich ein Rückruf kann vereinbart werden. Auch ein Gespräch mit der Vorgesetzten war nicht möglich. Datenschutzrechtlich mehr als bedenklich – selbst der FSW hat für die Behindertenhilfe „Kundennummern“ vergeben. Zwei Bescheide (Eingeschrieben) Zuerkennung der Mietbeihilfe und einen für eine Rückforderung unter 10 Euro – wurden ausgestellt. Die Begründung: Die Meldepflichtig sei verletzt worden, da für drei Monate zuviel Mietbeihilfe ausbezahlt worden sei. (Die Betroffene hätte verabsäumt die Erhöhung der Ausgleichszulage zu melden – kein Erlagschein – jedoch eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht sei möglich).

History:
Der Wiener Landtag hat in einer Sitzung Ende April 2007 die Änderung der Richtsätze in der Sozialhilfe beschlossen (Landesgesetzblatt für Wien, ausgegeben am 30. April 2007 – auch der Mietselbstbehalt wurde von 78 Euro auf 93 Euro erhöht). Dies bedeutete, dass die Betroffenen hauptsächlich Mindestpensionisten, aber auch viele Menschen mit Behinderung, die Mietbeihilfe beziehen, 25 Euro pro Monat, das sind 300 Euro im Jahr, weniger Mietbeihilfe erhalten haben.

Das Land Wien ersparte sich so mindestens 2,4 Millionen Euro pro Jahr. ASVG-Pensionisten mit Ausgleichszulage (AZ) wurden vom Land Wien drastisch gekürzt…
Auch der Heizkostenzuschuss wurde in Folge nicht mehr bar ausbezahlt (100,- bei strengem Winter 200 Euro jährlich) – sondern kann nur mehr in Sachleistungen bezogen werden.

Von der Wohn- und Mietbeihilfe zur Mindestsicherung
Im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode aus dem Jahr 2007 wurde das Thema „Armutsbekämpfung“ zu einem der vorrangigen Ziele der Bundesregierung erklärt und die Idee einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung in die politische Agenda aufgenommen. Unter der wissenschaftlichen Begleitung von Univ.-Prof. Dr. Walter Pfeil wurden die Grundlagen für ein neues bundesweites Mindestsicherungsmodell erarbeitet. Dies war das Ergebnis einer 10 Jahre andauernden Diskussion rund um die Frage der Harmonisierung der Sozialhilfe in Österreich.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ bildeten letztlich die Basis für die zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossene Vereinbarung, die Anfang Juli 2010 nach intensiven Verhandlungen im Parlament verabschiedet wurde und am 1. Dezember 2010 in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 96/2010) ist.

Die Mindestsicherung ist „Ländersache“
Wien, Niederösterreich, Burgenland und Salzburg haben mit 1. Sept. 2010 die Mindestsicherung beschlossen. Am 1. Okt. 2011 wurde sie als letztes Bundesland im Oberösterreichischen Landtag beschlossen.

Um uns nicht falsch zu verstehen: Durch die Mindestsicherung hat nun eine größere Gruppe, die armutsgefährdet ist, Zugang zu einer Sozialversicherung und Grundeinkommen. Österreich gehört noch immer zu den reichsten Ländern weltweit und wir müssen dankbar sein, in einem Staat zu leben, wo das Sozialhilfesystem noch einigermaßen funktioniert (Für manche: „Zuwenig zum Leben, zum Sterben zuviel“). Jedoch die rechtliche Situation ist vollkommen undurchsichtig. Auch die Berechnung der Mietbeihilfe (WMG) ist nicht mehr nachvollziehbar. Der Überbegriff „Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ hat einige Schattierungen, die vermutlich viele Sachbearbeiter nicht durchblicken. Als letzte Möglichkeit bliebe nur eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, jedoch sollte dies durch eine Interessenvertretung erfolgen. Ob die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung in Wien (IV) unter dem Vorsitz des neuen ÖAR-Präsidenten (Österreichischer Behindertenrat) Herbert Pichler überhaupt die Möglichkeit hat, solche juridischen Spitzfindigkeiten kurzfristig auszuräumen (zu entwirren), ist fraglich. Die IV hält, soweit wir informiert sind, vier Sitzungen im Jahr ab. Der IV sind einmal jährlich die Entscheidungen des Landtages und der Landesregierung zu den von der IV gefassten und der Landesregierung und dem Landtag zur Kenntnis gebrachten Beschlüssen vorzulegen.

Wir fragen uns schon, warum seit dem Jahre 2010 noch niemand im Wiener Landtag dieses Paradoxon aufgefallen ist…

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