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Inklusions-Demo am Ballhausplatz – 28. Sept. 2022

Inklusions-Demo am Ballhausplatz – 28. Sept. 2022 published on

Text: BMIN
12 Forderungen der autonomen Behindertenbewegung
„Am Mittwoch, den 28. September 2022, wird österreichweit für die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen demonstriert. Auslöser für die Entscheidung zum öffentlichen Protest war der völlig ungenügende Nationale Aktionsplan (NAP) Behinderung, der am 6. Juli 2022 vom Ministerrat – trotz massiver Kritik von Interessenvertretungen von und für Menschen mit Behinderungen – beschlossen wurde“, erläutert der Österreichische Behindertenrat den Aufruf zur Demo.

Inklusion darf keine leere Worthülse sein. Bereits vor 14 Jahren hat Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterschrieben und sich damit zur Umsetzung verpflichtet. Dennoch sind Menschen mit Behinderungen in vielen Bereichen von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. Bund und Länder beabsichtigen nicht, das in den nächsten Jahren zu ändern. Wir werden das nicht mehr hinnehmen und stellen daher an die politisch Verantwortlichen nachfolgende Forderungen

1. Umgehende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention
2. Ausbau des Pflegegeldes (Ausgleich des Wertverlustes)
3. Rechtsanspruch auf Persönliche Assistenz (Pers. Unterstützung)
4. Schaffung eines Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz
5. Forcierung von Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen
6. Umsetzung umfassender Inklusion im Bildungssystem
7. Wirkungsvolle Maßnahmen gegen Behindertenarbeitslosigkeit
8. Ausgleich des behinderungsbedingten Mehraufwandes
9. Einführung des Solidaritätsprinzips
10. Soziale Sicherheit und Fairness für pflegende Angehörige
11. Schließung aller Großinstitutionen nach dem Vorbild Schwedens
12. Behindertenpolitik als essentieller Teilbereich der Bundespolitik

1. Umgehende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
Die Inhalte der UN-Behindertenrechtskonvention müssen zügig von Bund und Ländern umgesetzt werden und bundesweit einheitliche gesetzliche Regelungen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, geschaffen werden. 

2. Ausbau des Pflegegeldes (Ausgleich des Wertverlustes)
Die Rücknahme der Anhebung der erforderlichen Bedarfsstunden in den Pflegestufen 1 und 2, durch die der Zugang zum Pflegegeld 2011 und 2015 massiv erschwert worden ist. Eine Überarbeitung der Kriterien und der Begutachtungssituation ist dringend notwendig.

Den einmaligen Ausgleich des Wertverlusts beim Pflegegeld durch die bisher versäumten Anpassungen (mehr als 30%). Die Schaffung einer nach oben hin offenen Pflegestufe für Menschen mit wesentlich höherem Unterstützungsbedarf.

3. Rechtsanspruch auf Persönliche Assistenz (PA)
Für alle behinderten Menschen, bedarfsgerecht für alle Lebensbereiche, bundesweit, und einkommensunabhängig. Persönliche Assistenz ermöglicht Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben zu menschenwürdigen Rahmenbedingungen außerhalb von Institutionen. PA darf nicht länger von der Gnade der einzelnen Behörde abhängen.

4. Schaffung eines Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz
Umsetzung der Barrierefreiheit bei öffentlichen Bauten sowie im öffentlichen Verkehr. Es fehlt noch immer die Möglichkeit auf Unterlassung und Beseitigung von Diskriminierungen zu klagen. Wir fordern klare und transparente Gesetze, deren Nichteinhaltung strenge Sanktionen nach sich ziehen.

5. Forcierung der Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen
a. In der Privatwirtschaft durch Änderung der Gewerbeordnung, sodass im Gewerbegenehmigungsverfahren Barrierefreiheit nach der Ö-Norm ein Pflichtkriterium ist.
b. Schaffung von Fördertöpfen für Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft.
c. Einrichtung von Beratungsstellen für barrierefreies Bauen in allen Landeshauptstädten, für alle Bundesländer und in den Baubezirksleitungen.
d. Die Ausbildung in allen relevanten Berufsbildern betreffend Barrierefreiheit muss sichergestellt werden. Vor allem sollte barrierefreies Planen und Bauen als Pflichtfach für werdende Architekten in den Lehrplan aufgenommen werden.

6. Umsetzung umfassender Inklusion im Bildungssystem
Inklusion aller behinderten Menschen in den gesamten Bildungssektor ab dem Kindergarten und entsprechende Unterstützungen. Nach wie vor werden in Österreich 13.000 behinderte SchülerInnen in Sonderschulen unterrichtet. Dieser Verstoß gegen die UN-BRK kann nicht länger hingenommen werden.

7. Wirkungsvolle Maßnahmen gegen die hohe Behindertenarbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderung ist deutlich höher als die unter Menschen ohne Behinderung und weist steigende Tendenz auf.
a. Erfüllung der Einstellungspflicht im öffentlichen sowie im halböffentlichen Sektor.
b. Ersetzen der Ausgleichstaxe durch einen allgemeinen Behindertenbeschäftigungsbeitrag als Arbeitgeber*innen-Abgabe von etwa 0,3%.

8. Ausgleich des behinderungsbedingten Mehraufwandes
a. Mobilitätszuschuss für alle behinderten Menschen unabhängig von Erwerbstätigkeit.
b. Erhöhung der Pauschalbeträge für außergewöhnliche Belastungen bei Behinderungen und Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Heilbehelfe, Hilfsmittel und Pflegeartikel.

9. Einführung des Solidaritätsprinzips
a. Recht auf Rehabilitation, Adaptierung und Therapie von Beeinträchtigungen in allen Phasen der Pflegebedürftigkeit und in allen Altersstufen. Die Pflegebedürftigkeit muss als finanzielles Lebensrisiko gesetzlich abgesichert werden. Finanzierung aller Hilfsmittel u. behinderungsbedingt notwendiger Maßnahmen gemäß dem Solidarprinzip lt. UN-BRK.
b. Stopp: Keine weiteren Kürzungen im Behindertenbereich in der Gesundheits- und Pflegeversorgung. Heilbehelfe, Hilfsmittel und Pflegeartikel müssen von den Gebietskörperschaften bedarfsgerecht und einheitlich genehmigt werden. Derzeit gibt es je nach Sozialversicherungsträger und Bundesland eine völlig unterschiedliche Genehmigungspraxis und Betroffene werden im Kreis geschickt. Es sollte endlich eine einzige Anlaufstelle für Hilfsmittelansuchen geben (One-Stop-Shop-Prinzip).
c. Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung, unabhängig von der Ursache ihrer Behinderung. Derzeit gibt es massive Unterschiede im Zugang zu Hilfsmitteln, bei finanziellen Unterstützungen und im Pensionsrecht, abhängig davon, ob eine Behinderung seit Geburt besteht, durch Krankheit oder Alter eingetreten ist, bzw. durch einen Freizeit / Arbeitsunfall entstanden ist.
d. Entkoppelung aller Leistungen aufgrund von Behinderung vom Einkommen.

10. Soziale Sicherheit und Fairness für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige können neben der aufwändigen Betreuungs- und Pflegearbeit oft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Das Pflegegeld ist nur ein kleiner Zuschuss zum tatsächlichen Aufwand (7 bis 24% laut Rechnungshof). Daher bedarf es einer Verbesserung der Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und einer finanziellen Absicherung der pflegenden Angehörigen. Weiters braucht es vermehrte Unterstützung für pflegende Angehörige durch den Ausbau der Angebote für Erholung, Erhaltung bzw. Verbesserung der Gesundheit, psychologische Unterstützung, Information und Sozialrechtsberatung und Unterweisung in pflegerische Tätigkeiten.

11. Schließung aller Großinstitutionen nach dem Vorbild Schwedens
Errichtung von gemeindenahen, personenbezogenen Hilfsangeboten.

12. Behindertenpolitik (Behindertenrechte) als essenzieller Teilbereich der Bundespolitik
Beendigung des Kompetenzwirrwarrs zwischen Bund und Ländern in Sachfragen der Behindertenpolitik. Überwindung durch 15a-Vereinbarungen.

Anm.: Diese 12 Forderungen wurden bereits im Jahre 2013 von BMIN-Aktivisten verfasst. In den letzten zehn Jahren sind kaum Verbesserungen realisiert worden. Deshalb stellen wir die 12 Forderungen nochmals, in leicht abgeänderter Form, für die Inklusions-Demo am 28. September 2022 auf unsere Homepage. 

Klaus Widl (Interimspräsident Österreichischer Behindertenrat, Präsident CBMF) erklärt im Interview mit Barbara Sima-Ruml warum Menschen mit und ohne Behinderungen am 28. September auf die Straße gehen werden um für Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen zu demonstrieren.

Demonstration am Mittwoch den 28. September 2022 von 11-13 Uhr
Wien, Ballhausplatz
Mahnwachen in den Landeshauptstädten

Folgende Treffpunkte stehen bereits fest:
Eisenstadt, Landhaus, Europaplatz 1
St. Pölten, Landhaus Boulevard 1
Bregenz, Platz vor dem Vorarlberger Landhaus, Römerstraße 15
Klagenfurt, Arnulfplatz 1
Salzburg, Mozartplatz
Linz, Promenade vor dem Landhaus, Landhausplatz
Innsbruck, Annasäule in der Maria-Theresien-Straße 18

Alle weiteren Infos auf der Seite des Österreichischen Behindertenrates!

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