Text: Hannah Wahl (Kommentar)
Seit 50 Jahren lukriert die karitative Kampagne im Österreichischen Rundfunk Spendengelder und finanziert damit “Sozialhilfe- und Behindertenprojekte” in Österreich. Hauptattraktion ist die kitschig inszenierte Weihnachtsgala, bei der Politiker*innen und Prominenz in rührseliger Atmosphäre ihre Barmherzigkeit gegenüber Menschen mit Behinderungen zur Schau stellen dürfen. Firmen, die als Spender angeführt werden, können einmal im Jahr unkompliziert und schnell “was für Menschen mit Behinderungen tun”.* Doch das quotenstarke Format erfährt seit Jahren starke Kritik von verschiedenen Organisationen von Menschen mit Behinderungen.
Seitdem ist vor allem ein Wandel in der strategischen Besetzung des Vereins und des Vereinsumfeldes mit Personen erkennbar, die das Image aufbessern sollen. So wurde 2019 der Ex-ÖVP-Nationalratsabgeordnete Franz-Joseph Huainigg, der selbst eine Behinderung hat, in die ORF-Abteilung des Humanitarian Broadcasting geholt. Das Ressort ist u.a. für die “Licht-ins-Dunkel”-Spendengala verantwortlich. Huainigg äußerte sich jahrelang lautstark gegen die ORF-Aktion: “Extrem stört mich, wenn zu Weihnachten behinderte Menschen vor die Kamera gezerrt werden und durch Mitleid Spenden gesammelt werden” (1) oder in einem ausführlichen Kommentar: “Auch die Marke Licht ins Dunkel ist gut eingesessen, aber nicht mehr zeitgemäß: Menschen mit Behinderungen, die im Dunkeln sitzen und auf die lichtbringenden Spender warten, widersprechen dem Selbstbild von Behinderten und auch der UN-Behindertenrechtskonvention.” (2) Der 2021 überraschend verstorbene Präsident des Österreichischen Behindertenrates muss für einen “Inklusions-Medienpreis” von “Licht ins Dunkel” herhalten, wobei viele Aktivist*innen und Bekannte aus seinem Umkreis bezweifeln, dass dies in seinem Sinne gewesen wäre. Wehren kann sich Herbert Pichler, der von vielen in der Behindertenbewegung für seinen kritischen Geist geschätzt wurde, jedoch nicht mehr.
Der komplette Artikel: “Licht ins Dunkel”: Ist das Spendenformat im ORF noch zu retten?
Artikel zum Thema:
Menschen mit Behinderung fordern Abschaffung von „Licht ins Dunkel“ (Kurier 28.11.2022)
In einer kritischen Online-Doku wird anstatt Spenden die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention gefordert. Menschen mit Behinderung falle eine Rolle als Bittsteller zu.
„Licht ins Dunkel“ und die Kritik am antiquierten Almosenimage (derStandard 29.11.29.11.22)
Die Doku der Plattform Andererseits zeigt die Schwachstellen der Hilfsaktion. Der ORF und die Politik täten gut daran, die Kritik ernst zu nehmen