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Barrierefreie Geschäftslokale: Welche Umbauten sind zumutbar?

Barrierefreie Geschäftslokale: Welche Umbauten sind zumutbar? published on

Text: Pepo Meia

Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGStG) ein „zahnloses“ Gesetz?!

Inklusion in allen Lebensbereichen ist das Ziel, welches unsere Gesellschaft anstrebt. Sensibilisierungsmaßnahmen in den Medien sollen die Menschen animieren, dieses Ziel umzusetzen. Sogar ein Benachteiligungsverbot wurde 1997 in der Österreichischen Bundesverfassung Art.7 verankert – Bund, Länder und Gemeinden haben dafür Sorge zu tragen… (einstimmiger Nationalratsbeschluss).

Seit 2006 ist das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz in Kraft mit einer 10-jährigen Übergangsfrist, die am 1.1 2016 endet. Der öffentliche Raum in ganz Österreich muss dann barrierefrei sein. Dazu gehören auch Dienstleistungsbetriebe – wie Geschäfte, Kleinstbetriebe, Einzelfirmen etc. Im denkmalgeschützten Karl-Marx Hof (19.; Heiligenstädterstraße) befinden sich solche Kleinstbetriebe. (In Österreich leben mindestens 1,4 Mio. Menschen mit Behinderung.)

Eine ehemalige Trafik, die es inzwischen gar nicht mehr gibt, wurde mit viel Engagement vom damaligen Mieter, einem jungen Rollstuhlfahrer, adaptiert. Vermutlich wurde dies noch seinerzeit mit öffentlichen Mittel gefördert – ö-normgerecht ist dies jedoch auch nicht, da die Behindertenrampe (ca. 30 cm) in den Gehsteig ragen würde (siehe Fotos).

Die Sensibilisierungsmaßnahmen haben gegriffen und andere Kleinstbetriebe wollen ebenfalls ihre Geschäfte adaptieren (siehe Fotos). Ö Norm B1600 – PDF (behindertengerechtes Planen und Bauen)

Wiener Wohnen (Stadt Wien) als Hauseigentümer stellt nun eine Bewilligung aus. Ein Steinmetz soll eine ca. 10,5 cm hohe Stufe (ö-normgerecht?) für einen Kleinstbetrieb adaptieren. Dies ist jedoch so nicht möglich, da die Behindertenrampe ca. 30 – 40 cm in den Gehsteig ragen würde. Dafür würde man eine Bewilligung der MA 28 brauchen, die man nur sehr schwer bis gar nicht bekommt.

Ist diese Adaptierung zumutbar? Unserer Meinung nach noch nicht. Jedoch nach 2016, falls eine Neuübernahme (mit Umbau?!) des Geschäftslokales erfolgen sollte, müsste der neue Mieter sein Geschäftslokal barrierefrei adaptieren.

Ob dies dann zumutbar ist, wissen wir allerdings nicht, da nur ein Zivilgerichtsverfahren dies klären könnte. Dazu bedarf es jedoch auch kompetenter Fachleute, die mit Hirn, Herz, aber auch logischem Hausverstand agieren.

(Der Karl-Marx Hof gehört zum Altbestand und es gilt eine Behindertenrampe mit einer 10%igen Steigung zu errichten – 10 cm Stufenhöhe bedeutet eine ein Meter lange Behindertenrampe.)

Anm.BMIN-Red.: Eine Gehsteiganhebung wäre auch eine Möglichkeit, dafür ist jedoch die Stadt Wien (MA 28) zuständig.

Bundesbehindertengleichstellungsgesetz: §6 Absatz 3

Unverhältnismäßige Belastungen

§ 6. (1) Eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von § 5 Abs. 2 liegt nicht vor, wenn die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, insbesondere von Barrieren, rechtswidrig oder wegen unverhältnismäßiger Belastungen unzumutbar wäre.

(2) Bei der Prüfung, ob Belastungen unverhältnismäßig sind, sind insbesondere zu berücksichtigen:

(3) Erweist sich die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, als unverhältnismäßige Belastung im Sinne des Abs. 1, liegt dann eine Diskriminierung vor, wenn verabsäumt wurde, durch zumutbare Maßnahmen zumindest eine maßgebliche Verbesserung der Situation der betroffenen Person im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung zu bewirken. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit ist Abs. 2 heranzuziehen.

Anm.BMIN-Red.: Gleichstellung ist unserer Meinung nach das falsche Wort. Menschen mit Behinderung werden nie gleichgestellt sein, trotz aller redlichen Sensibilisierungsversuche…

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