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Wiener Linien: Nur ein Rollstuhlnutzer pro Bus darf mitfahren?

Wiener Linien: Nur ein Rollstuhlnutzer pro Bus darf mitfahren? published on

Text: Pepo Meia, Niels Cimpa
Vorweg: BMIN fordert die zuständigen Wiener Stadt- bzw. Landesräte auf, ein Konzept für mehrere Rollstuhlstellplätze erstellen zu lassen und sich dafür einzusetzen, dass mindestens zwei Rollstuhlplätze pro XL-Bus genehmigt werden.

Österreich gehört noch immer zu den reichsten Ländern der Welt und Wien als Bundeshauptstadt und Kulturmetropole hat Verantwortung und Vorbildwirkung für Österreich, aber auch für ganz Europa.

Seit 2007 sind in Wien ausschließlich nur mehr Niederflurbusse unterwegs, die auch mit einer Rollstuhlrampe ausgestattet sind. Allerdings wurde nur ein Rollstuhlplatz pro Bus genehmigt. Dies bedeutet, dass Rollstuhlfahrer_innen benachteiligt, diskriminiert werden. Mehrere Kinderwägen, jedoch nur ein(e) Rollstuhlfahrer_in wird in der Regel mitgenommen.

Aus einem Antwortschreiben der Wiener Linien (Sept. 2017 – Zahl: V43 18/11560/17) wird dies so begründet:

„Für Rollstuhlplätze in unseren Fahrzeugen gibt es gesetzliche Vorgaben. Diese legen fest, dass der Rollstuhl gegen die Fahrtrichtung stehen muss und durch ein Anlehnbrett und eine Halteschlaufe gesichert werden muss. Dies gewährleistet auch bei z.B. abruptem Bremsen, dass der Kunde/die Kundin sicher ist.
Da wir in unseren Bussen nur einen dieser Plätze einrichten konnten, darf auch nur ein Rollstuhl mitgenommen werden.
Sollten mehrere RollstuhlfahrerInnen bzw. Kinderwagen dasselbe Fahrzeug nutzen wollen, obliegt unseren MitarbeiterInnen vor Ort das letzte Wort. Schließlich tragen sie die Verantwortung für ihre Passagiere. Erfahrungsgemäß ist das jedoch selten notwendig, da zumeist eine Seite der anderen den Vorrang lässt – und auf das nächste Fahrzeug wartet.“

Anm.: Vor allem in der Rushhour bzw. bei viel frequentierten Buslinien zu Sehenswürdigkeiten usw. ist es reine Glückssache, ob man als Rollstuhl-, Rollator- oder Kinderwagennutzer_in einen Platz bekommt. Auch ist es mit nur einem Rollstuhlplatz pro Bus nicht möglich, dass zwei Rollstuhlfahrer_innen gemeinsam einen Ausflug per Linienbus unternehmen – ganz zu schweigen von Buslinien die über die Wiener Landesgrenzen nach Niederösterreich fahren. Außerdem sollten Linienbuslenker diesbezüglich geschult werden. Zusätzliches Personal bei den oben genannten Buslinien wäre ebenfalls richtungsweisend.

In einem Antwortschreiben der Volksanwaltschaft (Okt. 2017 – Zahl: VA-W-VERK/0014-B/1/2017) wird folgendes festgehalten:
Die im Einsatz der Wiener Linien stehenden Omnibusse bedürfen einer EG-Betriebserlaubnis. Voraussetzung für die Ausstellung eine solchen Betriebserlaubnis ist die Einhaltung der Vorgaben der Richtlinie 2001/85/EG des Parlament und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und zur Änderung der Richtlinien 70/156//EWG und 97/27/EG, in der Fassung der Richtlinie 2006/96/EG vom 20. November 2006 (EU-Busrichtlinie).
Die EU-Busrichtlinie enthält konkrete Vorgaben für die Ausmaße, Ausrichtung und sonstigen Voraussetzungen für die Etablierung von Rollstuhlplätzen in einem Omnibus. Nur soweit diese Anforderungen eingehalten werden, wird eine EG-Betriebserlaubnis erteilt.
Es liegt daher nicht in der Disposition der Wiener Linien, für wie viele Rollstühle ein entsprechendes Fahrzeug zugelassen wird. Dies wird allein durch den Umstand bestimmt, wie viele den Vorgaben der EU-Busrichtlinie entsprechende Rollstuhlplätze in der betreffenden Bustype möglich sind.

Leitfaden Linienbusse: Seite 53
Rollstuhlplätze in Bussen
Die Schweizerische Fachstelle Behinderte und öffentlicher Verkehr (BöV) hat im März 2008 ein Merkblatt „Rollstuhlplätze in Bussen“ herausgegeben. In diesem Merkblatt werden Informationen zur Dimensionierung und Gestaltung des Rollstuhlbereichs, zur Sicherung der Rollstühle und zum sicheren Transport von zwei Rollstühlen in Bussen des öffentlichen Linienverkehrs gegeben. (Das Merkblatt ist zu finden unter http://www.boev.ch/bus/index.htm)

Anm.: Die Schweizer Fachstelle (BöV) existiert nicht mehr. Sie wurde in die Fachstelle Inclusion Handicap eingeglieder. Vermutlich ist die Studie „Rollstuhlplätze in Bussen“ noch aktuell siehe Link.

Die neuen 20 Meter (statt 18 Meter) langen XL-Gelenkbusse der Wiener Linien haben bis zu 20 Prozent mehr Platz und bieten noch höheren Komfort für die Fahrgäste und haben zwei gekennzeichnete Rollstuhlstellplätze. (Bis 2019 sollen rund 200 neue XL-Busse angeschafft werden.)
Anm.: Die Fahrer der Wiener Linien sind jedoch im Zweifel, ob sie auch zwei „Rollis“ gleichzeitig mitnehmen dürfen, da auch die neuen Busse vermutlich nur für einen „Rolli“ genehmigt sind bzw. werden. (Neben dem Fahrer ist ein Schild, aus diesem geht hervor, wie viele Rollstuhl-, und Kinderwagennutzer und Passagiere mitfahren dürfen).

BMIN fordert die zuständigen Wiener Stadt- bzw. Landesräte (Finanzstadträtin Renate Brauner und Ulli Sima zuständig u.a. für die Wiener Linien) auf, ein Konzept für mehrere Rollstuhlstellplätze erstellen zu lassen und sich dafür einzusetzen, dass mindestens zwei Rollstuhlplätze pro XL-Bus genehmigt werden.

Den Beitrag kann man sich auch im Cultural Broadcasting Archive (CBA) anhören.

 

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