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Nationalrat repariert Bestimmungen für erhöhte Kinderbeihilfe

Nationalrat repariert Bestimmungen für erhöhte Kinderbeihilfe published on

Text: Parlamentskorrespondenz
Regelung soll nach einem Jahr evaluiert werden
Wien (PK) – Mit breiter Mehrheit – ohne die Stimmen der SPÖ – passierte heute die Anpassung des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs den Nationalrat, womit sichergestellt wird, dass Menschen mit Behinderung unbenommen eines Eigenanspruchs weiterhin die erhöhte Familienbeihilfe beziehen können. Abgesehen davon sichert die Novelle den Eigenanspruch von Kindern auf die Familienbeihilfe auch dann ab, wenn sie selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruchs (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beitragen bzw. wenn die Eltern dies tun. In Bezug auf erheblich behinderte Kinder, die nicht fähig sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, soll durch eine Sonderregelung der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe jedenfalls gegeben sein, wenn sie einen eigenständigen Haushalt führen. In diesem Fall soll die Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einem Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe nicht entgegenstehen.
Während die SPÖ kritisierte, dass die Gesetzesreparatur zu spät komme und die Behindertenorganisationen nicht rechtzeitig  eingebunden gewesen seien, und überdies Rückzahlungen und weitere Nachteile befürchtete, unterstrichen ÖVP und FPÖ, dass alle, die bisher die Zahlungen erhalten haben, auch weiterhin erhalten werden. Es handle sich um eine hundertprozentige Reparatur, bekräftigten sie. Auch NEOS und Liste Pilz halten die Kritik der SPÖ für überzogen und begrüßten vor allem das geplante Monitoring, um etwaige Nachbesserungen vornehmen zu können, sowie die vorgesehene Evaluierung nach einem Jahr.

Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde dann einstimmig angenommen. In diesem wird die Familienministerin auch ersucht, die Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des an die Finanzämter adressierten Einführungserlasses einzubinden. Dieser dient der Vollziehung der Sicherstellung der erhöhten Familienbeihilfe für alle Menschen mit Behinderung, die bisher einen Eigenanspruch hatten.

SPÖ befürchtet Rückzahlungen
Mit äußerst kritischen Worten traten die SPÖ-RednerInnen ans Rednerpult. So befürchteten Birgit Silvia Sandler, Christian Kovacevic und Melanie Erasim (alle SPÖ), dass einige tausend Personen von Rückzahlungen betroffen sein werden und es darüber hinaus zu weiteren Verschlechterungen kommen werde. Man hätte gleich das Gespräch mit den Behindertenverbänden suchen sollen, merkte Kovacevic kritisch an, deren Einwände seien aber nicht entsprechend berücksichtigt worden.
Einen Rundumschlag hinsichtlich der Familienpolitik der Bundesregierung gab es dann von Melanie Erasim, die der Regierung vorwarf, nur jene als Leistungsträger zu akzeptieren, die ein „dickes Geldbörsel“ haben. Die Regierung produziere nur Luftblasen, sagte sie und warf der Ministerin die existenzbedrohende Streichung der Gelder ohne Vorwarnung und dann auch noch eine halbherzige Reparatur vor.

Bogner-Strauß: Der Status quo wird 100-prozentig abgesichert
Dies führte zu einem heftigen Widerspruch seitens der Familienministerin, die darauf hinwies, dass nicht sie es gewesen sei, die die Streichung der erhöhten Familienbeihilfe vorgenommen habe, sondern der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Urteil. Sie habe darauf sofort reagiert und dafür gesorgt, dass der Status quo abgesichert werde. Mit einem Erlass an die Finanzämter sei sofort dafür Sorge getroffen worden, dass diese die Bescheide nicht ausstellen. Man habe einerseits dem Urteil des Gerichts inhaltlich Rechnung getragen und andererseits eine hundertprozentige Reparatur vorgenommen, sagte sie und versicherte, dass es keine Rückzahlungen geben werde. In den Gesprächen mit den Behindertenverbänden habe sich gezeigt, dass es nach derzeitigem Ermessen keinen einzigen Fall gibt, der von der Gesetzesreparatur nicht betroffen ist.

ÖVP und FPÖ: Es kommt zu keiner Schlechterstellung
Vollinhaltlich unterstützt wurde die Ministerin dabei von den Abgeordneten der ÖVP und der FPÖ. Sie warfen den SozialdemokratInnen vor, die Betroffenen zu verunsichern und Angst zu verbreiten. Ausschussvorsitzender Nobert Sieber thematisierte die Komplexität der Materie und gab zu bedenken, dass man im Ausschuss die Behindertenverbände zu einem ausführlichen Gespräch eingeladen habe. Ihm sei es wichtig gewesen, dieses sensible Thema auf breiter Basis abzuklären. Beim Monitoring werde sich zeigen, ob man noch nachschärfen muss, sagte Claudia Plakolm (ÖVP). Ähnlich wie Angela Fichtinger und Kira Grünberg (beide ÖVP), wies sie darauf hin, dass die Ministerin rasch und richtig reagiert habe und sichergestellt sei, dass es zu keiner Schlechterstellung kommt. Grünberg appellierte zudem an ihre Kolleginnen und Kollegen im Plenum, erwachsene Menschen mit Behinderung nicht als Kinder zu denken.
Ähnlich die Stellungnahmen der freiheitlichen Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Carmen Schimanek und Sandra Wassermann. Durch die hundertprozentige Gesetzesreparatur werde nun Rechtssicherheit hergestellt, sagte Mühlberghuber. Außerdem komme es zu einer Besserstellung für jene, die einen eigenen Haushalt führen. Betroffen zeigten sich Schimanek und Wassermann darüber, wie Teile der SPÖ mit dem Thema umgehen. Die Behinderten hätten es sich nicht verdient, dass auf ihrem Rücken politischen Kleingeld geschlagen wird.

NEOS und Liste Pilz: Zivilgesellschaft stärker einbinden
Auch seitens der NEOS kam für die Ministerin Unterstützung, wenngleich Michael Bernhard kritisch anmerkte, dass die Behindertenverbände zu spät eingebunden worden seien. Die klare Sprache der Verbände sei wichtig gewesen, ohne sie wäre das alles nicht geglückt, zeigte er sich überzeugt und unterstrich dabei die Bedeutung der Zivilgesellschaft.
Diesem Befund schloss sich auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber seitens der Liste Pilz an und meinte, es sei wichtig gewesen, gemeinsam den Status quo wiederherzustellen und weiterhin zu gewährleisten. Sie begrüßte vor allem den Entschließungsantrag und das vorgesehene Monitoring, denn dadurch könne man auch noch bestehende Probleme lösen. In diesem Zusammenhang setzte sich Holzinger-Vogtenhuber für die Überführung der Inklusionsklassen an Sonderschulen in Oberösterreich ins Regelschulwesen ein. „Wir brauchen den Ausbau des inklusiven Bildungsangebots“, forderte sie und sprach sich für einen Entgeltanspruch statt einem Taschengeld und eine bessere Integration behinderter Menschen am Arbeitsmarkt aus. Unternehmen sollten sich nicht freikaufen dürfen, so die Mandatarin.

Presseausendungen zum Thema:
Familienbeihilfe für Menschen mit Behinderung: Gesetz bleibt unpräzise, Rechtssicherheit fehlt

Sandler: Wahre ExpertInnen sind jene, die Alltag meistern müssen

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