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Lockdown-Verordnung: Hauptausschuss genehmigt Sonderregelungen für Ostregion

Lockdown-Verordnung: Hauptausschuss genehmigt Sonderregelungen für Ostregion published on

Text: Parlamentskorrespondenz
In Wien, Niederösterreich und Burgenland gelten ab Gründonnerstag wieder rund um die Uhr Ausgangsbeschränkungen
Wien (PK) – In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland wird es über die Osterfeiertage wieder rund um die Uhr coronabedingte Ausgangsbeschränkungen geben. Anlass dafür sind die hohen Infektionszahlen in der Ostregion und die hohe Auslastung der Intensivstationen. Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen eine entsprechende Verordnungsnovelle von Gesundheitsminister Rudolf Anschober genehmigt. Demnach wird es in Niederösterreich und im Burgenland bis Dienstag nach Ostern, also bis zum 6. April, wieder einen harten Lockdown geben. In Wien bleiben die Geschäfte – mit wenigen Ausnahmen – sogar bis zum 11. April geschlossen. In diesem Zeitraum darf die Wohnung außerdem nur zu bestimmten Zwecken – etwa Erholung, Lebensmitteleinkäufe und Treffen mit einzelnen engsten Angehörigen bzw. einzelnen wichtigsten Bezugspersonen – verlassen werden. Die Ausnahmebestimmungen sind allerdings etwas weiter gefasst als während der ersten beiden harten Lockdownphasen.

In Kraft treten werden die Sonderregelungen für die Ostregion mit 1. April (Gründonnerstag). Zudem hat der Hauptausschuss eine Verlängerung der bestehenden bundesweiten Ausgangsbeschränkungen um weitere sieben Tage, bis zum 10. April, genehmigt. Das heißt, dass außerhalb der Ostregion die Wohnung zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr auch weiterhin nur aus den bekannten Ausnahmegründen verlassen werden darf. Alle anderen Teile der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, darunter etwa die Regelungen für Gastronomie, Hotellerie, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie die Sonderregelungen für Vorarlberg, werden gemäß der vorliegenden Verordnungsnovelle vorerst bis 25. April – statt derzeit 11. April – gelten.

Weiter scharfe Kritik an den Lockdown-Regeln kommt von der FPÖ. Es könne nicht sein, dass aufgrund von 534 IntensivpatientInnen Menschen weiterhin „eingesperrt“ würden, meinte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Auch die NEOS sehen die Ausgangsbeschränkungen nach wie vor kritisch und drängen auf mehr Tempo beim Impfen. Sowohl Gesundheitsminister Rudolf Anschober als auch Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner wollten hingegen eine Ausdehnung des Lockdowns auf andere Bundesländer nicht ausschließen. Es werde auch in anderen Regionen Maßnahmen geben müssen, wenn sich die britische Virusmutation auch dort stärker ausbreitet, sagte Anschober.

Sonderregelungen für die Ostregion
Geöffnet bleiben dürfen in der Ostregion während der „Osterruhe“ neben dem Lebensmittelhandel unter anderem Drogeriemärkte, Trafiken, Apotheken, Geschäfte mit Heilbehelfen, Gartenbaubetriebe, Tankstellen, Waschanlagen, Postgeschäftsstellen, Telekom-Shops sowie Kfz- und Fahrradwerkstätten. Auch der Verkauf von Tierfutter, Saatgut, Düngemittel und Sicherheitsprodukten wie Feuerlöscher, die Abholung von Waren außerhalb von Geschäften (Click&Collect) und Take-Away in der Gastronomie sind weiterhin erlaubt. Ebenso können nicht körpernahe Dienstleistungen angeboten werden. Friseurbesuche, Fußpflege, Kosmetikdienstleistungen und Massagen (mit Ausnahme von Heilmassagen) sind zwischen 1. und 6. April bzw. 1. und 11. April hingegen tabu. Auch Museen, Zoos, Büchereien und Bibliotheken müssen schließen, Bücher können jedoch abgeholt werden.

Ausgenommen von den Sonderregelungen ist das Betreten von Sportstätten. Das heißt, dass ProfisportlerInnen auch in der Ostregion weiterhin Wettkämpfe bestreiten und trainieren dürfen und für FreizeitsportlerInnen Sport im Freien ohne Körperkontakt erlaubt bleibt. Auch Besuche in Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhausbesuche bleiben grundsätzlich erlaubt, sofern man engste Angehörige bzw. wichtige Bezugspersonen besucht. Hotels dürfen für berufliche Zwecke ebenfalls geöffnet bleiben. Ausdrücklich festgehalten wird in der Verordnung, dass geöffnete Geschäfte nur Waren anbieten dürfen, die ihrem typischen Warensortiment entsprechen.

Vorerst keine Änderungen bringt die mittlerweile bereits 6. Novelle zur 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung bei der FFP2-Maskenpflicht. Auch an der Zwei-Meter-Abstandsregel zu haushaltsfremden Personen im öffentlichen Raum bzw. bestimmten Orten ändert sich nichts. Wie üblich nicht Gegenstand der Verordnung sind Regelungen für Schulen, Kindergärten und Universitäten.

Anschober: Intensivmedizinische Kapazitäten in Wien und im Burgenland de facto erschöpft
Begründet wurde der harte Lockdown in der Ostregion von Gesundheitsminister Anschober damit, dass die intensivmedizinischen Kapazitäten in Wien und im Burgenland de facto erschöpft seien. In Wien habe man mittlerweile Stufe 8 des Krisenplans erreicht und sei dabei, Aufwachräume umzubauen, um sie für Intensivbetten zu nutzen. Zudem würden nicht notwendige Operationen wieder aufgeschoben. In Westösterreich gebe es zwar noch Reserven, sagte Anschober, allerdings werde man diese für PatientInnen aus Ostösterreich brauchen, wenn die Situation dort „ganz akut wird“.

Dass Wien bei den Intensivbetten an die Grenzen angelangt ist, hat Anschober zufolge nicht nur mit der starken Ausbreitung der britischen Virusmutation im Osten und der damit zusammenhängenden deutlichen längeren Aufenthaltsdauer von IntensivpatientInnen auf Intensivstationen zu tun, sondern auch damit, dass etliche Spezialoperationen wie Lungentransplantationen vorranging in Wien durchgeführt werden. Die Akutsituation sei also nicht von Wien verursacht, meinte er.

Vor dem Hintergrund der prekären Lage begrüßte es Anschober ausdrücklich, dass sich die Landeshauptleute von Wien, Niederösterreich und Burgenland auf eine „Osterruhe“ geeinigt haben, auch wenn diese „sehr kurz anberaumt“ sei und vorerst nur in Wien bis zum 11. April verlängert werde. Zur Situation in Restösterreich meinte er, er fürchte, dass es auch in anderen Regionen Maßnahmen geben werde müsse, wenn sich die britische Virusmutation dort stärker ausbreitet.

Die Haltung der FPÖ wertete Anschober als verantwortungslos. „Wir sitzen alle in einem Boot“, es gehe um Tod oder Leben, meinte er und verwies in diesem Zusammenhang nicht nur auf den Rat von FachexpertInnen, sondern auch auf stark ansteigende Zahlen in einem Großteil der EU-Staaten. Im Übrigen habe man „nicht wahnsinnig viele Möglichkeiten“, um auf die Pandemie zu reagieren mit Ausnahme von Kontaktbeschränkungen. Ihm zu unterstellen, er habe Freude daran, Leute einzusperren, sei „nicht spaßig“, reagierte Anschober emotional: „Geht’s irgendwie noch?“ fragte er in Richtung Dagmar Belakowitsch. Auch der Vorwurf der FPÖ, dass in der Verordnung Geimpfte nicht berücksichtigt wurden, geht seiner Meinung nach ins Leere. Schließlich sei es die FPÖ, die sich gegen die Einführung des „Grünen Passes“ und die damit verbundene mögliche Gleichstellung von geimpften mit getesteten und genesenen Personen sträube.

Was das von den NEOS kritisierte Impftempo betrifft, wies Anschober darauf hin, dass bisher – in Anlehnung an die verfügbaren Impfdosen –  1,6 Millionen Impfungen durchgeführt wurden. Im April werde es bei der Menge der gelieferten Impfstoffe zu einer Verdreifachung kommen. In diesem Sinn hält Anschober den Plan, dass bis Ende April alle über 65-Jährigen und bis Ende Mai alle über 55-Jährigen eine Impfung erhalten haben werden, nach wie vor für realistisch. Er habe auch den Eindruck, „dass die Länder das sehr professionell machen“. Der Umstand, dass das Gesundheits- und Pflegepersonal vorrangig geimpft wurde, trägt Anschober zufolge außerdem dazu bei, dass sich die Personalsituation auf Intensivstationen, die durch lange Ausbildungszyklen für MedizinerInnen und Pflegpersonal sehr schwierig sei, im Vergleich zum Herbst eine Spur besser darstelle, weil weniger Personal ausfalle.

Grüne und ÖVP halten „Osterruhe“ für wichtigen Schritt
Zum Vorwurf von FPÖ und NEOS, dass sich niemand mehr auskenne, was nun erlaubt sei und was nicht, meinte Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner, die Herausforderung der nächsten Tage und Wochen bestehe nicht darin, sich zu überlegen, wie man die rechtlichen Vorgaben so weit wie möglich umgehen könne, vielmehr gelte es, Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren, um Infektionsketten zu unterbrechen. In diesem Sinn ist die Osterruhe für ihn ein erster Schritt, wobei er die Hoffnung aussprach, dass das Burgendland und Niederösterreich in Bezug auf die Wiener Regelung nachziehen.

Nach Meinung von Schallmeiner wird man sich außerdem über eine Ausweitung des Lockdowns Gedanken machen müssen, wenn sich die Zahlen so weiterentwickeln wie derzeit. „Wir müssen uns damit anfreunden, dass es weitere Maßnahmen braucht“, erklärte er. Schallmeiner verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Empfehlung der Corona-Kommission, die für eine Ausweitung des Lockdowns in Regionen mit einer Inzidenz von über 200 plädiert.

Auch Rudolf Taschner (ÖVP) appellierte an die KritikerInnen des Lockdowns, auf die IntensivmedizinerInnen zu hören. Es sei offensichtlich, dass die Situation kritisch sei, und die grundlegenden Regeln, wie Infektionen zu vermeiden seien, kenne jeder. Das, was in der Verordnung stehe, sei nur das notwendige Gefüge, um einen Rahmen zu haben. Zum Vorwurf des „Schlingerkurses“ merkte Taschner an, den Kurs gebe das Virus vor, auf das die Politik reagieren müsse.

SPÖ erachtet Sonderregelungen in der Ostregion für gerechtfertigt
Zustimmung zur Verordnungsnovelle kam dieses Mal auch von der SPÖ. Die Maßnahmen in Ostösterreich seien gerechtfertigt und würden von seiner Fraktion mitgetragen, sagte Jörg Leichtfried, wobei er für einheitliche Regelungen in der Ostregion plädierte. Zum Appell von Gesundheitsminister Rudolf Anschober, dass in der derzeitigen Situation alle an einem Strang ziehen müssten, hielt Leichtfried fest, Zusammenarbeit sei keine Einbahnstraße und werde von Seiten der Koalitionsparteien oft sehr schwierig gemacht. Er erachtet eine frühere Einbindung der Opposition, insbesondere wenn es um notwendige Zweidrittelmehrheiten geht, für dringend geboten.

Diese Forderung stieß bei Gesundheitsminister Rudolf Anschober durchaus auf Verständnis. Zusammenarbeit sei auch eine Bringschuld der Regierung, räumte er ein und sagte zu, sich um „Optimierungen“ zu bemühen.

FPÖ lehnt Lockdown weiter ab
Scharfe Kritik kam hingegen von der FPÖ. Nach einem Jahr Pandemie gebe es offenbar noch immer keine andere Lösung, „als alle einzusperren“, sagte Dagmar Belakowitsch. 534 IntensivpatientInnen könnten kein Anlass dafür sein, den Lockdown fortzuführen. Belakowitsch zufolge hat die Regierung die BürgerInnen durch die andauernden Ausgangsbeschränkungen überdies „längst verloren“. Niemand kenne sich mehr aus, vor allem was die „völlig verwirrenden“ Besuchsregelungen betrifft. „So etwas Chaotisches habe ich überhaupt noch nicht gesehen“, hielt sie dazu fest.

Vehement drängte die Sozialsprecherin der FPÖ überdies auf Lockerungen für K1-Personen. Täglich würden mehr und mehr Personen unter Quarantäne gestellt, selbst wenn sie gesund seien, klagte sie. Trotz negativem PCR-Test und obwohl sie keine Krankheitssymptome zeigten, dürften sie nicht hinausgehen. Das sei vor allem für Kinder eine enorme Belastung. Auch dass auf Geimpfte in der Verordnung überhaupt nicht Rücksicht genommen werde, ist für sie nicht nachvollziehbar. Bekräftigt wurde von Belakowitsch außerdem die Kritik der FPÖ am „Grünen Pass“. Dieser ist für sie nur ein Instrument, um Menschen zu überwachen.

NEOS: Besuchsregelungen sind lebensfremd
Kritisch zur Verordnung äußerte sich auch NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. Dass die Ausgangsbeschränkungen aufrecht bleiben, sei für seine Fraktion „schwer erträglich bis nicht tragbar“, sagte er. Zudem halten die NEOS die nächtlichen „Ausgangssperren“ in Vorarlberg weiter für verfassungswidrig, weil es gelindere Mittel gebe, das Infektionsgeschehen einzudämmen.

Als „lebensfremd“ bezeichnete Hoyos-Trauttmansdorff darüber hinaus die Besuchsregelungen. Für ihn erschließt sich etwa nicht, warum man als junges Paar Eltern bzw. Schwiegereltern zu Ostern nicht besuchen dürfe, vor allem, wenn diese bereits geimpft sind oder eine COVID-19-Erkrankung gehabt haben. Die meisten werden das ohnehin tun, unabhängig davon, was in der Verordnung stehe, prophezeite er. Wenn das Gesundheitsministerium die Menschen „mitnehmen“ wolle, müsse man Verordnungen lebensnäher gestalten. Der Abgeordnete forderte Gesundheitsminister Anschober zudem auf, klar zu sagen, wohin die Reise gehe. „Dieser Schlingerkurs muss endlich ein Ende haben“, so Hoyos-Trauttmansdorff.

Massive Kritik am Impftempo kam von NEOS-Abgeordneter Henrike Brandstötter. Sie bezweifelt, dass der Impfplan eingehalten werden kann. Zudem ist es für sie unverständlich, dass viele Bundesländer die Impfzentren über Ostern schließen bzw. zurückfahren.

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Aktuelles zu Corona-Regeln (Stadt Wien – 01.April 2021)

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