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Merkur – Schlichtung gescheitert

Merkur – Schlichtung gescheitert published on

Nach Umbau einer Merkurfiliale fühlt sich der „E-Rollinutzer“ Walter M. weiterhin diskriminiert
Text: Pepo Meia, David Herrmann-Meng
Wie in den BMIN-Nachrichten vom 04. März 2016 berichtet, wurde die Merkur Filiale (REWE-Konzern) im Herbst 2015 in Wien Floridsdorf umgebaut. Der Aktivist Walter Martinek wollte Verbesserungen bewirken. Die Schlichtung ist am 21. März 2016 gescheitert.

Ein Teilerfolg konnte bei der Schlichtung erzielt werden, da die Merkur Warenhandels AG eine zweite behindertengerechte Fließbandkasse in der Julius Fickerstrasse 91 in 1210 Wien zugesagt hat. Die Umsetzung soll bereits in den nächsten Wochen erfolgen. Bezüglich der Gefriertüren wurde keine Stellungnahme abgegeben. Auch die von Herrn Martinek gewünschte behindertengerechte Selbstbedienungskasse (Kassomat) kann derzeit nicht realisiert werden, da eine neuerliche Überprüfung ergeben hat, dass es diesbezüglich tatsächlich noch keinen Anbieter am Markt gibt. Aller Voraussicht nach, soll noch heuer auf einer Fachmesse ein behindertengerechtes Modell vorgestellt werden (Quelle: Schriftliche Stellungnahme der Schlichtung).

Zu den angebrachten großen Glastüren vor den Kühlregalen, die laut Merkur zu einer Energieersparnis von bis zu 30 % führen sollen, wurde keine Stellungnahme abgegeben. Walter Martinek ist auch darüber erbost, dass auf seine Kritik im Schlichtungsergebnis nicht eingegangen wurde. Der Rollstuhlfahrer fühlt sich übergangen, da nicht mehr über Verbesserungen für diese Bevölkerungsgruppe kommuniziert wurde. Er ist maßlos enttäuscht, da er sich mehr Kooperation von seinem Schlichtungspartner erwartet hätte. Schon auch deshalb betrachtet er die Schlichtung als gescheitert.

Bundesbehindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger, der auch über den Fall informiert ist, meinte sinngemäß: „Vier Behindertenorganisationen waren in die Umbauten eingebunden, jedoch hat keine der Organisation an E-Rollstuhlfahrer gedacht – darauf wurde leider vergessen.“ Buchinger betrachtet die gescheiterte Schlichtung trotzdem als Erfolg, da die Firmenleitung mit der Problematik konfrontiert war. Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (Antidiskriminierungsgesetz) sieht leider noch keinen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch zur Herstellung von Barrierefreiheit vor. Eine zweite, breite Laufbandkassa ist zumindest ein Teilerfolg. Eine der breiteren Laufbandkassen muss allerdings immer mit Kassenpersonal besetzt werden.

Anm.BMIN-Red.: Wir danken Herrn Martinek für seinen Einsatz, Verbesserungen für Menschen mit Behinderung zu erwirken. Natürlich hätte man alle Laufbandkassen breiter gestalten können – man hat ja ursprünglich nur eine Laufbandkasse rollstuhltauglich gemacht. Eine zweite, breitere Kasse ist natürlich eine Verbesserung der bisherigen Situation für diese Bevölkerungsgruppe.
Unserer Meinung nach sollten bei Umbaumaßnahmen unbedingt spezifisch geschulte und auch betroffene Fachkräfte beigezogen werden. Es hat den Anschein, dass es keinen „Masterplan“ für behindertengerechte Umbaumaßnahmen gibt. Denn wie kann es sein, dass Selbstbedienungskassen installiert werden, obwohl noch keine behindertengerechten Modelle laut Schlichtungsergebnis auf dem Markt sind? Zudem könnte der Eindruck erweckt werden, da ja nun weniger Laufbandkassen, als vor dem Umbau zur Verfügung stehen, dass dadurch Kassenpersonal eingespart werden soll. Außerdem stellt sich für uns die Frage, ob die geplante eingesparte Energie bei den Kühlregalen zu mehr Kundenfreundlichkeit (vor allem für Menschen mit Behinderung) führt?
Unsere Recherchen haben weiters ergeben, dass auch andere Supermarktketten schon seit etlichen Jahren geschlossene Kühlregalsysteme verwenden, die allerdings für „Rollis“ nicht oder nur schwer zugänglich sind – dies ist auch von der jeweiligen Filiale (Platzmangel) abhängig.
Leider trifft auch hier die Redewendung zu: „Allen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ Dies soll allerdings keine Entschuldigung für die Planer solch „behindertengerechter“ Umbaumaßnahmen sein.

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