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Brinek, Fichtenbauer, Kräuter: Letzte Pressekonferenz der drei Volksanwälte

Brinek, Fichtenbauer, Kräuter: Letzte Pressekonferenz der drei Volksanwälte published on

Text: Niels Cimpa, David Herrmann, Pepo Meia
Jahresbericht der Volksanwaltschaft – Exklusivinterviews von Pepo Meia
Am 24. April 2019 fand in den Räumlichkeiten der Volksanwaltschaft deren Jahresbericht 2018 und die Bilanz ihrer Amtszeit statt.

Die Volksanwälte agieren parteiunabhängig, obwohl sie von den drei stärksten Parlamentsfraktionen ernannt werden. Allein im letzten Jahr gab es 66 Bürger-Beschwerden pro Tag, die bei der Volksanwaltschaft eingegangen sind. Bei 48% der Beschwerden wurde detailliert geprüft. Die meisten aller Prüfverfahren (ca. 30% – 1.450 Fälle) betrafen den Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit. In ihrer Jahresbilanz übt die Volksanwaltschaft Kritik an den Neuerungen im Meldewesen und zum Teil menschenrechtswidrigen Zuständen in Gefängnissen und Pflegeheimen.

Foto: Volksanwaltschaft

Audio-Link: CBA – Interviews

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter (SPÖ) sprach unter anderem über unangekündigte Kontrollbesuche in diesen Einrichtungen. Es gäbe teils zu wenig Personal und zu starke Medikation. Er fordert eine massive Erhöhung des Pflegegeldes, da der Wertverlust seit der Einführung weit über 30 Prozent betragen würde, aber auch eine jährliche Wertanpassung. Der ehemalige Bundesgeschäftsführer der SPÖ fordert zudem eine parlamentarische Pflege-Enquete unter Einbindung aller Kräfte.
Zudem sprach sich der Jurist erneut für eine Impfpflicht gegen Masern aus. Fast 10 Prozent der Kinder seien ungeimpft. Dass die Impfpflicht vom Gesundheitsministerium abgelehnt wurde, kann Kräuter nicht nachvollziehen (siehe Mutter-Kind Pass). Auch das Thema physische und psychische Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Heimen und Pflegefamilien wurde aufgegriffen.
Seine eigene Amtszeit sieht er der 62-Jährige als überaus positiv. Er wird nach Ende seiner Amtszeit von ÖGB-Sekretär Mag. Bernhard Achitz ersetzt. Kräuter, der noch gerne eine zweite Amtszeit absolviert hätte, sieht seine Abberufung als enttäuschend an.
Anm.: Für ein Interview stand Kräuter leider nicht mehr zur Verfügung, da er dringend einen Termin beim Ö1-Mittagsjournal wahrnehmen musste.

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek (ÖVP) spricht unter anderem über Mängel im Justizvollzug. Auch hier gäbe es zu wenig Personal und die Gefängnisse seien um 30 Prozent überbelegt. Die Räumlichkeiten in den Haftanstalten seien außerdem im schlechten Zustand. Auch die langen Einschlusszeiten der Inhaftieren von bis zu 24 Stunden in Mehrpersonenhafträumen sieht sie kritisch, da die Haftinsassen keine Beschäftigungsmöglichkeit hätten. Sie fordert daher ein Beschäftigungsangebot wie z.B. Werkstätten. Es brauche zudem Neubauten, um große Anstalten wie Wien-Josefstadt zu entlasten.
Im Bereich des Maßnahmenvollzugs wird auf die fehlenden Behandlungsmöglichkeiten, gemeinsame Unterbringung mit Häftlingen im Normalvollzug und die zu geringe Anzahl an Gutachtern hingewiesen.
Auch auf Erfolge im Bereich „Öffis“ (u.a. Wiener Linien) und Verbesserungen bzgl. Barrierefreiheit konnte die langjährige Volksanwältin zurückblicken. Sie erwartet, dass die Nachfolger und Bundesbehindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer die Bemühungen im Bereich Denkmalschutz sowie Barrierefreiheit im öffentlichen Raum weiter vorantreiben.
Brinek war zwei Amtsperioden als Volksanwältin tätig und wird nach Ende der Legislaturperiode ausscheiden.

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ) kritisiert, dass im Meldewesen durch die Handy-App „Digitales Amt“ keine Unterschrift des Unterkunftgebers mehr nötig sein werde. Er ist davon überzeugt, dass das entsprechende Gesetz noch geändert werden wird.
Anm.: Gerald Loacker von den NEOS testete im März 2019 das neue digitale Behördenportal und zeigte auf, dass man dort bei einem Wechsel des Hauptwohnsitzes beliebige Wohnadressen ohne Unterschrift des Unterkunftgebers eintragen kann. Das Ministerium dementiert: „Digitale Welt ist kein rechtsfreier Raum“. Auch im Dunstkreis der Cyberkriminalität ist mit mißbräuchlicher Verwendung zu rechnen – der Beweis für untadelige Bürger wird schwer zu erbringen sein. Zur Erklärung: Wertkartenhandys müssen ab September 2019 registriert werden. Netzbetreiber erhalten dadurch noch mehr personenspezifische Daten – man spricht schon von modernem Datenkapitalismus.
Zudem kritisiert Fichtenbauer den Personalmangel in Polizeiinspektionen und die damit verbundene Arbeitsbelastung der Beamten.
Anm.: Exekutivbeamte und Bundesheerbedienstete werden nach schweren Verletzungen in Invalidität- bzw. Berufsunfähigkeitspension geschickt. Auch hier könnte stattdessen mit Hilfe von Rehabilitationsmaßnahmen und Umschulungen zusätzliche Arbeitsplätze bei der Polizei und dem Bundesheer geschaffen werden.
Ob der 72-Jährige eine zweite Amtszeit antritt, ist noch unklar. Er sei kein Sesselkleber und könne sich vorstellen auch wieder als Anwalt zu arbeiten.

Audio-Link: CBA – kompletter Beitrag
Quelle: Wikipedia

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