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Charity ist kein Ersatz für Menschenrechte

Charity ist kein Ersatz für Menschenrechte published on

Menschenrechte statt Almosen!
Kommentar von Gunther Trübswasser in den OÖ Nachrichten vom 1.12.2017

Vor 25 Jahren haben die Vereinten Nationen beschlossen, den 3. Dezember als „Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen“ zu begehen. Mit diesem Aktionstag sollte fortan das Bewusstsein für die oft schwierige Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen wachgehalten und an deren Würde und Rechte erinnert werden.

Zusätzliche Bedeutung erhielt dieser Gedenktag, als 2006 von der UNO die „Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ beschlossen wurde. Darin wurden erstmals Menschen mit Behinderungen alle Rechte und Grundfreiheiten einschließlich einer selbstbestimmten und diskriminierungsfreien Lebensführung garantiert. Zurecht wurde dies als großer Erfolg gefeiert, vor allem von Selbstbestimmt-Leben-Initiativen aus aller Welt für ihre jahrzehntelangen Bemühungen.

Österreich war einer der ersten Staaten, der dieses wichtige Menschenrechtsdokument feierlich unterzeichnete und anschließend mit Beschluss im Nationalrat in Kraft setzte. Dass sich daran große Erwartungen seitens der Betroffenen knüpften, ist nur allzu verständlich. Ob es bauliche Barrieren waren, mangelnde Inklusion im Bildungsbereich oder kaum Chancen am Arbeitsmarkt und vieles mehr, ein selbstbestimmtes Leben außerhalb von Einrichtungen war für viele nur ein unerfüllter Wunschtraum. An ein ausreichendes Angebot für persönliche Assistenz, die manchen eine unabhängige Lebensführung ermöglicht, war nicht zu denken. Und wie steht es heute, da seither beinahe ein Jahrzehnt vergangen ist, um die Umsetzung der garantierten Rechte und der Zielsetzungen der UN-Behindertenrechtskonvention?

Was haben der Bund, die Länder und die Gemeinden, an die sich die Konvention zu gleichen Teilen wendet, unternommen? Wie sieht eine vorläufige Bilanz zum 3. Dezember 2017 aus?

Um es vorsichtig auszudrücken, sehr unterschiedlich. Manches wurde erreicht, vieles blieb unerledigt, die meisten großen Gemeinden und viele Bundesländer fühlen sich durch die Konvention nicht angesprochen. Bedauerlicherweise zählt auch Oberösterreich dazu. Angesichts der Diskussion um den Landeshaushalt 2018 scheint es die Konvention gar nicht zu geben. Barrierefreiheit ist weiterhin eine Baustelle, ausreichende persönliche Assistenz eine Utopie, ein selbstbestimmtes Leben für viele ein Wunschtraum und der 1. Arbeitsmarkt in unerreichbarer Ferne. Ein Monitoringausschuss, der die Umsetzung der Konvention begleiten und kontrollieren soll, hat vor mehr als zwei Jahren zum letzten Mal getagt. So sehr ich zivilgesellschaftliches Engagement und Spenden mit zurückhaltendem Gestus schätze und mich auch selbst daran beteilige, verbriefte Menschenrechte können aber dadurch nicht ersetzt werden!

Gunther Trübswasser ist Vorsitzender von SOS-Menschenrechte und BMIN-Aktivist

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