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Ohne Moral geht´s in der Werbung nicht?

Ohne Moral geht´s in der Werbung nicht? published on

Text: Pepo Meia, David Herrmann
Nikolaus Kunrath (Grüne) fordert im Wiener Gemeinderat, dass künftig keine diskriminierenden Werbekampagnen mehr durchgeführt werden. Der Antrag wurde abgelehnt.
Werbung und Moral – zwei Begriffe, die einander ausschließen oder doch miteinander in Verbindung stehen sollten. Die Grundidee ist einfach: Werbende wollen ihre Botschaften, Dienstleistungen oder Produkte visuell einem breiten Publikum zugänglich machen. Das Ziel: Hohe Umsätze und ein steigender Bekanntheitsgrad durch die jeweilige Kampagne. 

Passend dazu ist momentan auf einem Plakat des Österreichischen Werberats zu lesen: „Die Moral von der Geschicht: Ohne Moral geht’s in der Werbung nicht.“ (siehe Foto)

Foto: Niels Cimpa

Doch gerade diese moralischen Standards werden manchmal untergraben, wie ein aktueller Fall zeigt: 
Im Oktober 2021 sorgte eine diskriminierende Werbekampagne von BILLA für Entrüstung und zog viel Kritik nach sich. Auf den Plakaten war unter anderem der Aufdruck „Mit einer Behinderung wirst du nicht gebraucht“ zu sehen. In einer zweiten Plakat-Serie wollte man anschließend die provozierten Botschaften durch neue ersetzen. Diese sollte „Mit einer Behinderung wirst du gebraucht“ lauten. Der Lebensmittelkonzern begründete die Kampagne im Nachhinein damit, dass man so auf die Arbeitsplatzsituation von Menschen mit Behinderungen aufmerksam machen wollte. 

Die Reaktionen vielen negativ aus. Zahlreiche Behindertenorganisationen zeigten sich empört. Über 20 Beschwerden wurden beim Österreichischen Werberat eingebracht. Dieser stufte die Kampagne als diskriminierend ein und sah darin eine Verletzung des Ehtikkodex der Werbewirtschaft. Er sprach zur „Nicht gebraucht“-Kampagne einen sofortigen Stopp aus- die Plakate wurden entfernt, bzw. sofort aufgelöst. Eine Geldstrafe zog diese Verurteilung des Werberates nicht nach sich.

Auch die Politik befasste sich mit dieser missglückten Kampagne. Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) kritisierte die Werbung, er stelle sich mit aller Deutlichkeit gegen diese diskriminierende, verletzende und potentiell retraumatisierende Werbung, wie Mückstein betonte. 

Am 28. Oktober 2021 wurde diese Causa auch im Wiener Gemeinderat thematisiert wie auch BIZEPS online berichtete. Nikolaus Kunrath (Grüne) forderte, dass in Hinkunft dafür Sorge zu tragen ist, keine diskriminierenden Werbekampagnen mehr durchzuführen. Die Grünen brachten auch einen Antrag beim zuständigen Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) ein, der mit der Fachgruppe Werbung in der Wiener Wirtschaftskammer in Kontakt treten solle, um solche Werbungen künftig zu vermeiden. Kunrath argumentierte, das, was Menschen ohnehin schon über Menschen mit Behinderungen denken, würde durch eine solche Kampagne immer wieder bestätigt. Außerdem brenne sich solch ein Denkverhalten zudem durch den täglichen Sichtkontakt weiter ein. Es sei bedauerlich, dass die GEWISTA nicht gegen die Plakat-Kampagne eingeschritten sei. Der Antrag der Grünen wurde zwar von der ÖVP unterstützt, die Mehrheit, SPÖ, NEOS und FPÖ stimmten allerdings dagegen.

Doch neben den ethnischen und moralischen Versäumnissen, stellte sich in diesem Zusammenhang auch eine rechtliche Frage: Werbeplakate (Kampagnen) müssen – wie andere Medienwerke auch – ein Impressum aufweisen, damit man erkennt, wer für dieses Plakat (Kampagne) die Verantwortung trägt. 

Obwohl die GEWISTA auf die diskriminierende Werbung von BILLA aufmerksam gemacht wurde, wurde seitens des Werbeflächenvermieters nicht eingeschritten. BILLA hat bei der ersten Plakatserie kein Impressum verwendet – erst bei der Auflösung der Kampagne war ein Impressum zu sehen. Eine Entschuldigung von BILLA für die diskriminierende Werbekampagne, wie von den Behindertenorganisationen gefordert, ist bis dato nicht erfolgt.

Resümee: Es stellt sich schon die Frage: Ohne Moral geht’s in der Werbung nicht – oder vielleicht doch?

Artikel zum Thema:
Was lernen wir aus der diskriminierenden Werbekampagne von Billa? (BIZEPS online vom 16.11.2021)
Werberat: Billa-Werbung ist unethisch, entwürdigend und diskriminierend (BMIN-Info vom 19.10.2021)
Unfassbar diskriminierende Werbung muss sofort weg! (BMIN-Info vom 11.10.2021)

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