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Schanigartenrichtlinie wird ignoriert

Schanigartenrichtlinie wird ignoriert published on

Text: Pepo Meia, Niels Cimpa
MA 59: Neuer Schanigarten mit Stufe auflagenkonform
Wie am 22.07. im BMIN-Artikel „Lokal ignoriert Menschen mit Behinderung“ berichtet, wurde trotz Lokal-Neuübernahme und Umbaus auf einen barrierefreien Zugang zum Lokal und auf ein „Behinderten-WC „vergessen“. Auch ein Schanigarten mit Stufe wurde kürzlich neu errichtet. Vor der Neuübernahme war der Schanigarten barrierefrei zugänglich.

Nach einem öffentlichen E-Mailverkehr mit der Inhaberin des Lokales „One night in Beijing“ ist die Besitzerin nun bereit einen barrierefreien Zugang zum Schanigarten zu ermöglichen – wörtlich: „Da ich weiterhin mein Restaurant im Sinne meiner Gäste führen will, bin ich natürlich bereit, falls die Notwendigkeit gegeben ist, eine entsprechende Rampe anfertigen zu lassen.“

 

Unserer Meinung nach hätte man bei besserer Planung den Schanigarten ohne Stufe errichten können. Denn wie schon erwähnt, vor der Neuübernahme war der Schanigarten barrierefrei, ohne Stufe zugänglich. Offensichtlich dürfte die Schanigartenrichtlinie ignoriert werden und barrierefreie Zugänglichkeit wird nicht wirklich ernst genommen.

Auch das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz wurde beim Umbau des Lokales ignoriert. Denn auch das Lokal könnte mit einer Rampenlösung durchaus auch für Menschen mit Behinderung zugänglich gemacht werden. Der Gehsteig ist breit genug.

Wir erhielten ein Schreiben der zuständigen MA 59 (GZ.: MA 59-L-657048-2019-MA). Das Schreiben im Wortlaut: „Aufgrund Ihrer telefonischen Beschwerde am 22.07.2019 betreffend das Lokal „One night in Beijing“ in 1190 Wien, Nußdorfer Platz 8, wird mitgeteilt, dass seitens der Magistratsabteilung 59 eine Kontrolle stattgefunden hat. Es wurde festgestellt, dass der Schanigarten auflagenkonform aufgestellt ist. Bezugnehmend auf Ihr Beschwerdeschreiben vom 24.07.2019 werden wir umgehend das dafür zuständige Magistratische Bezirksamt informieren, um zu prüfen, ob eine dahingehende Auflage als barrierefreier Zugang zum Lokal und zur WC-Anlage im Betriebsanlagenbescheid aufgenommen werden kann. Im Sinne eines umfassenden Konsumentenschutzes bedanken wir uns für Ihre wertvolle Information.“

Wir sind verwundert, denn „auflagenkonform“ bedeutet in diesem Fall, dass ein Schanigarten mit Stufe, also nicht barrierefrei zugänglich, von der zuständigen Magistratsabteilung als auflagenkonform bezeichnet und genehmigt wurde. Mündlich wurde uns von einer Bürokraft vom Referat für Betriebsanlagenverfahren sinngemäß mitgeteilt, dass die Schanigartenrichtlinie lediglich eine Richtlinie sei und keinen gesetzlichen Status habe.

Auch vom Stadtservice Wien haben wir am 26.07. eine schriftliche Stellungnahme erhalten (STS-GZ 653779/19): „Bezugnehmend auf Ihr Anliegen dürfen wir mitteilen, dass dieses bereits zur Prüfung und weiteren Veranlassung an das zuständige Magistatische Bezirksamt für den 21. Bezirk/Referat Betriebsanlagenverfahren für den 18. und 19.Bezirk, Gebrauchserlaubnis für Schanigärten übermittelt wurde. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.“

Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz ignoriert
Auch im Betriebsanlagenbescheid, wie aus der Antwort der MA 59 ersichtlich, ist das Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz offenbar ignoriert worden. Denn nun wird auch geprüft, ob eine dahingehende Auflage als barrierefreier Zugang zum Lokal und zur WC-Anlage im Betriebsanlagenbescheid aufgenommen werden kann…

Wir fragen uns schon, ob barrierefreie Zugänglichkeit und die Anliegen von Menschen mit Behinderung wirklich ernst genommen werden. Wie so oft, ist die Politik gefordert. Offensichtlich sind die zuständigen Magistratsabteilungen und Beamte noch nicht ausreichend dafür sensibilisiert.

BMIN-Forderung: Gesetzesnovelle im Gebrauchsabgabegesetz
Schon 2012 hat BMIN-Aktivist und NR.Abg. a.D. Manfred Srb eine Gesetzesnovelle im Gebrauchsabgabegesetz angeregt.
Der Gesetzesantrag müsste verlangen, dass in § 2 Abs. 2 beim Punkt „öffentliche Rücksichten“ der Begriff „Barrierefreiheit“ hinzugefügt wird.
Nach Aussage von Fachleuten des Magistrats ist die Implantierung einer entsprechenden Bestimmung in diesem Gesetz die einzige Möglichkeit Diskriminierungen präventiv und generell zu verhindern und Barrierefreiheit (auch für Schanigärten) zu gewährleisten.

Wie dieser Fall zeigt, kann auf Freiwilligkeit nicht vertraut werden. Denn obwohl schon seit etlichen Jahren das Benachteiligungsverbot im Artikel 7 der Bundesverfassung steht, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft ist und es eine Schanigartenrichtlinie seitens der Stadt Wien gibt, die offensichtlich sogar bei Neubewilligungen ignoriert wird, werden Menschen mit Behinderung weiterhin ausgegrenzt und diskriminiert.

Unserer Meinung nach, könnte schon eine Weisung vom Wiener Bürgermeister Dr. Michael Ludwig genügen, damit kurzfristig die Schanigartenrichtlinie bezüglich barrierefreie Zugänglichkeit auch tatsächlich vollzogen wird.

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