Text: Pepo Meia, David Herrmann
Inklusion funktioniert ohne Barrierefreiheit nicht
Das Gespräch mit Bezirksvorsteherin Mag. Silvia Nossek (Grüne) fand am 26.08.2021 in den Räumlichkeiten des Bezirksamts Währing statt.
Zur Vorgeschichte:
Wie BMIN-Info berichtet hat, wurden in Wien-Währing fünf ÖKlos in Parkanlagen aufgestellt. Ing. Günther Vagner, Aktivist aus Währing, hat auf die Misere aufmerksam gemacht. Wir verstehen nicht, dass neue WC-Anlagen in Wien aufgestellt werden, die den gesetzlichen Vorgaben widersprechen. Solange diese für Rollstuhlnutzer nicht benutzbar sind, dürfen sie, unserer Meinung nach, nicht im öffentlichen Bereich aufgestellt werden.
Nach regem Briefverkehr mit der MA 42 und dem zuständigen Stadtratbüro, hat BV Nossek Ing. Vagner zu einem Gespräch eingeladen.
Gedächtnisprotokoll – Unbefriedigendes Gespräch:
Die Bezirksvorsteherin erklärte, warum in Währing fünf neue ÖKlos errichtet wurden (sinngemäß): Seit 2018 sind dem Bezirk immer mehr WC-Anlagen „abhanden gekommen“. So bleiben bei den U-Bahn Stationen AKH-Michelbauern, U6-Station Währinger Straße/Volksoper, S45-Station Gersthof die WC-Anlagen wegen Sanierungsarbeiten bis voraussichtlich 2023 geschlossen. Zusätzlich zu den geschlossenen WC-Anlagen wurde eine gemauerte WC-Anlage am Aumann Platz entfernt und durch ein Baustellen-WC (Dixi-Klo) ersetzt. Nun befindet sich ein Öklo (Variante groß) dort. Zwei weitere Anlagen in Währinger Parks wurden ebenfalls geschlossen. Es gab diesbezüglich zahlreiche Bürgerbeschwerden.
Nachdem die Errichtung von neuen WC-Anlagen teuer ist (230.000 € bis 300.000 €) und dies vom Bezirk ohne Förderprogramm der Stadt nicht finanziert werden kann, wurde über andere Lösungen nachgedacht. Der Bezirk entschied sich in Absprache mit der Stadt in fünf Währinger Parks die kostengünstigeren Öklos zu errichten. „Die Öklos sind einfach aufzustellen und brauchen wenig Platz. Wir betrachten diese als Notlösung“, meinte die Bezirksvorsteherin. (Dass diese Anlagen vermutlich nicht der ÖNORM entsprechen und auch nicht barrierefrei sind, müsse aufgrund der vorhin erwähnten Vorteile in Kauf genommen werden.) Weiters meinte die Bezirksvorsteherin: 2023 ist geplant, am Gersthofer Platz eine gemauerte barrierefreie WC Anlage zu errichten. Die Finanzierung ist derzeit aber noch nicht gesichert.
Seitens des Bezirks wird nun geprüft, ob und wie viele von den derzeit bestehen kleinen Öklos auf die größere Variante ausgewechselt werden können. Für den Tausch von zwei WC-Anlagen gab es eine vage Zusage (nach erfolgter Prüfung). Bei den anderen Anlage wird ein Wechsel auf die größeren Öklos schwierig werden, wie die Bezirksvorstehung meinte.
Zusammenfassung des Gesprächs von Ing. Vagner:
Die Problemlage ist von Seiten der Bezirksleitung erkannt worden, Lösungen werden (zunächst) eher bescheiden ausfallen. Der Schriftverkehr (Anhang PDF) mit dem für das Problem zuständigen amtsführenden Stadtrat (Büro Mag. Czernohorsky, SPÖ) ist weitgehend unbefriedigend. Inklusion funktioniert ohne Barrierefreiheit nicht.
Anm.: Das Gesprächsprotokoll von Ing. Vagner ist ernüchternd und zeigt den Stellenwert von Menschen mit Behinderung. Scheinbar ist Inklusion nur ein Lippenbekenntnis. Denn: Menschen mit Behinderung können nur dann am öffentlichen Leben teilhaben, wenn auch sie, wie alle anderen Bürger, ihre Notdurft verrichten können. Dies sind jene Alltagsdiskriminierungen, die wir glaubten, überwunden zu haben.
Ing. Vagner wird eine Schlichtung mit Hilfe von Behindertenanwalt Dr. Hansjörg Hofer beantragen.
Wir können nicht akzeptieren, dass neue WC-Anlagen in Wien aber auch in ganz Österreich aufgestellt werden, die den gesetzlichen Grundlagen, den nationalen Vorgaben der ÖNORM B-1600 und den funktionellen Mindestanforderungen der europäischen Norm EN17210 widersprechen.
Die Politik ist da, um auch Minderheiten zu ihrem Recht zu verhelfen und zu schützen.
Artikel zum Thema:
Währing: Auch öKlos müssen barrierefrei sein (16.06.2021)
Mobile WC-Anlagen nicht barrierefrei: Unbefriedigende Antwort der MA 42 (12.07.2021)