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Wahlfreiheit NFC-Funktion – FMA kundenfeindlich?

Wahlfreiheit NFC-Funktion – FMA kundenfeindlich? published on

Text: Pepo Meia, Daniel Ray
Die Finanzmarktaufsicht Österreich (FMA: https://www.fma.gv.at) ist die oberste nationale Regulierungsbehörde für Versicherungs- und Bankangelegenheiten. Sie hat u.a. einen gesetzlichen Auftrag zum Konsumentenschutz. Befragt nach der Legitimation für eine gängige Bankenpraxis, zur automatischen Aktivierung der NFC-Funktion bei Konto- oder Kreditkarten, antwortet sie ausführlich; u.a. mit folgendem Absatz:

„Die Entscheidung, ob eine Ausnahme von der starken Kundenauthentifizierung angewendet wird, obliegt hierbei den involvierten Zahlungsdienstleistern. Hinsichtlich der Ausnahme von der starken Kundenauthentifizierung gemäß Artikel 16 DelVO (EU) 2018/389 bei kartengebundenen Zahlungsvorgängen ist festzuhalten, dass sowohl der Issuer (kartenausgebender Zahlungsdienstleister) als auch der Acquirer (Zahlungsdienstleister, welcher Zahlungsvorgänge annimmt und abrechnet) diese Ausnahme anwenden kann. Die finale Entscheidung über die Anwendung der Ausnahme oder Ablehnung der Zahlung obliegt jedoch dem Issuer.“

Nach Ansicht der FMA entscheiden also Zahlungsdienstleister (Acquirer = Bank; Issuer = Händler/Dienstleister, aber auch PayPal, GooglePay, ApplePay, …) darüber, ob eine Ausnahmeregelung (keine PIN-Eingabe) zur Anwendung kommt. 

Agiert die FMA kundenfeindlich?
Wir als Konsumenten, Bankkunden und Eigentümer des Geldes kommen in den Betrachtungen der FMA nicht vor. Es wurde offensichtlich übersehen, dass Kunden ein verfassungsrechtlich verankertes Grundrecht zum selbstbestimmten Risikomanagement haben und es folglich in erster Linie von der informierten und ausdrücklichen Zustimmung der Kunden abhängt, ob überhaupt eine Ausnahme zur Anwendung kommen darf. 

Die FMA wurde um Nachbesserung ihrer Antwort ersucht. Es bleibt abzuwarten ob sie den aktuell praktizierten Eingriff in die Grundrechte der Bankkunden erklären kann. Denn andernfalls wäre sie dazu verpflichtet, eine unlautere Geschäftspraktik (der Banken) zu unterbinden, also die Grundrechtseingriffe sofort zu stoppen.

Die gesamte Konversation kann unter dem Link https://fragdenstaat.at/a/2484 eingesehen werden. Jederman kann sich als „Follower“ eintragen, um über Neuigkeiten informiert zu werden. Dazu ist allein die Eingabe einer (ggf. auch anonymen) E-Mailadresse notwendig, an welche dann (werbungsfreie) Benachrichtigungen versendet werden. Das Follower-Service ist nicht nur bequem; eine große Anzahl von Followern verdeutlicht das öffentliche Interesse an diesem Thema.

Grundrechte der Bankkunden respektieren
Uns spricht diese Anfrage aus der Seele. Auch uns geht es um die Wahlfreiheit zur Aktivierung der NFC-Funktion. Die österreichischen Banken versenden ausschließlich Karten mit dieser Funktion; selbst Sparkarten gibt es bei einigen Banken nur noch mit eingebautem NFC-Chip. Wir fordern die Banken dazu auf geltende Grundrechte der Kunden zu respektieren. Die Wahlfreiheit für Kunden muss gewährleistet sein, die NFC-Funktion darf nur auf Wunsch aktiviert werden. Politiker, Behörden und Konsumentenschützer sind aufgefordert, die Praktiken der Banken zu überwachen und im Sinne der Bankengesetze sowie der Verfassung zu regulieren.

Ein Sicherheitsrisiko pro Zahlungsvorgang ist in Österreich derzeit bis 50 € pro Zahlungsvorgang ohne PIN-Eingabe gegeben – vor Corona waren es noch 30 €.

Ungewollte NFC-Funktion – Wahlfreiheit nicht gegeben
Für Bankkunden kann der Verzicht auf anonyme NFC-Abbuchung unterschiedliche Gründe haben. Beispielsweise animiert es zum „Schuldenmachen“, da man so leicht den Überblick über seine Ausgaben verliert. Außerdem wird davon ausgegangen, dass jeder Bankkunde Internetbanking nutzt und Smartphone Besitzer ist. Damit wird die Schließung von Bankfilialen legitimiert, aber auch die Kürzung der Geschäftszeiten ist nicht unbedingt kundenfreundlich. Siehe Spanien: „Ich bin alt, aber kein Idiot“ – Pensionist sammelte Unterschriften für längere Banköffnungszeiten (derStandard, tagesschau.de).

Bedenkenswert ist auch der Jugendschutzaspekt: Jugendliche werden durch die ausgesprochen unsichere NFC-Abbuchung zu unberechtigter Nutzung der Karten von Fremden oder auch Verwandten verleitet, welche – unter bestimmten Voraussetzungen – strafrechtlich kaum verfolgt werden kann. Die Verlockung ist groß, eine kriminelle Laufbahn einzuschlagen. 

NFC-Technologie
Die Abkürzung NFC steht für die englischen Begriffe Near Field Communication und beschreibt eine Technologie zur Identifikation einer Kontokarte bzw. des mit der Karte verbundenen Bankkontos. Alternativen sind die Kontaktchip- oder Magnetstreifen-Identifikation. Während bei letzteren der physische Besitz der Karte Voraussetzung für einen Zahlungsvorgang ist, kann ein solcher durch NFC auch ohne Berührung und selbst durch mehrere Stoffbahnen hindurch ausgelöst werden. Die kontaktlose Funk-Übertragung soll Zahlungsvorgänge vereinfachen. Doch Bequemlichkeit hat ihren Preis: Ebenso wie die beabsichtigten Zahlungsvorgänge werden auch betrügerische Abbuchungen vereinfacht, die durch den Einsatz mobiler Terminals jederzeit, überall und ohne PIN-Eingabe auch unbemerkt möglich werden. 

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