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Barrierefreie Schanigärten: Stadtrat Hacker unterstützt die Initiative

Barrierefreie Schanigärten: Stadtrat Hacker unterstützt die Initiative published on

Text: Pepo Meia, Niels Cimpa
Reformbedarf bei Bewilligungsverfahren von Schanigärten – Keine ausreichenden Prüfkriterien
Wir haben auch Stadtrat Peter Hacker bezgl. unserer Initiative „Barrierefreie Schanigärten“ um eine Stellungnahme ersucht.
Hier sein Statement:
„Für die Bewilligung von Schanigärten sind die Magistratischen Bezirksämter zuständig. Ich werde mich dafür einsetzen, dass bei den Kriterien stärker als bisher auf Barrierefreiheit und die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung geachtet wird. 

Die Magistratsdirektion hat mir zudem versichert, dass die Bezirksämter gern bereit sind, sich existierende Problemfälle anzuschauen und dort, wo es möglich ist, Barrieren aus dem Weg zu schaffen. 

Grundsätzlich ist es mir ein großes Anliegen, nicht nur die Schanigärten, sondern die gesamte Stadt barrierefreier zu gestalten. Der FSW hat deswegen kürzlich den Prozess „Inklusives Wien 2030 – eine Stadt für alle“ gestartet, mit dem konkrete Verbesserungen und neue Angebote für Menschen mit Behinderung geschaffen werden. Ich kann nur anraten, dieses Thema auch dort einzubringen. Menschen mit Behinderung, Organisationen der Behindertenarbeit, VertreterInnen der Stadt und ExpertInnen arbeiten bei diesem Prozess gemeinsam daran, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Wien noch besser umgesetzt wird.“

Anm.: Wir begrüßen die Initiative „Inklusives Wien 2030“, jedoch wollen wir mit den Schanigärten nicht bis 2030 warten. Der Ist-Zustand ist unerträglich und eine Reform bereits seit vielen Jahren überfällig. Die Initiative von Stadtrat Peter Hacker, die Magistratsdirektion darauf hinzuweisen, sich existierende Problemfälle anzuschauen und dort, wo es möglich ist Barrieren aus dem Weg zu schaffen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. 

Reformbedarf bei Bewilligungsverfahren
Es gibt eine politische Ebene und eine Beamten-Ebene. Politisch ist seit 2020 Stadträtin Mag. Ulli Sima verantwortlich. Wie es scheint, kann eine Reform bei Bewilligungsverfahren nur über die politische Ebene durchgesetzt werden. Die Referentin des Stadtratbüros Sima hat auf unsere Anfrage wie folgt beantwortet, da wir ja eine Weisung des zuständigen Stadtratbüros – bei den Bewilligungen der Schanigärten auf Barrierefreiheit zu achten – vorgeschlagen haben:
„Als zuständige Mitarbeiterin im Büro der Geschäftsgruppe Innovation, Stadtplanung und Mobilität darf ich Sie darüber in Kenntnis setzen, dass die Magistratischen Bezirksämter für die 23 Wiener Gemeindebezirke nicht der jeweiligen Bezirksvorstehung oder einem Stadtrat unterstellt sind, sondern dem Magistratsdirektor. Den Bezirksämtern sind verschiedene Aufgaben als Gemeinde oder Bezirksverwaltungsbehörde zugewiesen, so auch die Bewilligung der Schanigärten und die entsprechende Überprüfung hinsichtlich der Barrierefreiheit selbiger. 

Hinsichtlich Ihrer Forderung nach einer entsprechenden Bestimmung im Gebrauchsabgabegesetz muss ich an dieser Stelle zuständigkeitshalber an das Büro der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke verweisen.“

Keine ausreichenden Prüfkriterien bei Bewilligungen für barrierefreie Schanigärten
Unsere Recherchen haben ergeben, dass bei Bewilligungen von Schanigärten nicht zwingend auf Barrierefreiheit geachtet werden muss, da keine ausreichenden Prüfkriterien vorgeschrieben sind. Zum Beispiel muss bei der Einreichung eines Plans vom jeweiligen Schanigarten keine Höhe des Podestes angegeben werden. Für eine Bewilligung ist lediglich das Gebrauchsabgabegesetz (GAG) sowie die Straßenverkehrsordnung (StVO) maßgeblich. Hier ist die Politik schon lange säumig, denn eine diesbezügliche Reformierung des GAG würde hier sofort Abhilfe schaffen.
Bereits 2013 hatte der Anfang des Jahres verstorbene BMIN-Aktivist und NR Abg.a.D. Manfred Srb eine diesbezügliche Änderung angeregt (siehe BMIN-Artikel – Juni 2013): „BMIN-Initiative: Barrierefreie Schanigärten“).

Verbesserungsvorschlag: 
Unserer Meinung nach brauchen viele Schanigärten gar kein Podest. Nur bei Schanigärten, die auf einem Podest errichtet werden sollen, muss die Höhe des Podestes aber auch ein barrierefreier Zugang im Plan eingezeichnet werden. Je höher der Gastgarten, um so länger und steiler die Rampe. In diesen Fällen könnte man im Prüfverfahren z.B. die MA 25 – Kompetenzstelle für barrierefreies Planen, Bauen und Wohnen – einbeziehen.

Weiters wurde uns von einer anderen Beamtin mitgeteilt:
[…] „Es gibt aber nicht immer einen gesetzliche Möglichkeit, eine Genehmigung nach dem Gebrauchsabgabegesetz zu versagen, wenn es eine Stufe oder einen Absatz zum Gastgarten gibt. Sie können uns gerne die konkreten Standorte nennen, damit das jeweils zuständige Magistratische Bezirksamt überprüft, ob die Gastgärten auch in dieser Form genehmigt wurden.“

Mehr Transparenz bei Prüfungsverfahren
In einem anderen Schreiben wurde uns Folgendes mitgeteilt:
„Sollte eine Überprüfung ergeben, dass ein Gastgarten nicht wie genehmigt aufgestellt wurde, sieht das Gesetz Strafen vor. Da Sie von meiner Kollegin verlangt haben, über Überprüfungsergebnisse informiert zu werden, die Sie dann auf Ihrer Homepage veröffentlichen wollen, darf ich Sie darauf hinweisen, dass diese aus rechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden dürfen.

Ich darf Sie zudem darauf hinweisen, dass die Aufstellung eines Schanigartens zeitlich befristet ist. Bei einer etwaigen „Verlängerung“ könnte es natürlich auch zu Änderungen zur derzeit genehmigten Form kommen. Eine Überprüfung des Schanigartens wird gerne veranlasst.“

[…] „Die Überprüfungsergebnisse werden im jeweiligen Schanigarten-Akt dokumentiert. Aktenbestandteile dürfen nicht an Dritte nach außen gegeben werden. Zu Ihrer Frage nach den Rechtsgrundlagen: Art. 20 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz (und die entsprechenden dienstrechtlichen Vorschriften Dienstsordnung 1994, Wiener Bedienstetengesetz, Vertragsbedienstetenordnung), § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966 sowie die Datenschutz-Grundverordnung und das Datenschutzgesetz, abrufbar unter https://www.ris.bka.gv.at/.“ 

Kein Vertrauen in bisherige Genehmigungsverfahren
Die bisher aufgezeigten Negativbeispiele fördern nicht unbedingt das Vertrauen, dass in bisherigen Genehmigungsverfahren sonderlich auf barrierefreie Zugänglichkeit geachtet wird. Deshalb wäre es wichtig zu erfahren, ob die dargelegten Fälle nochmals überprüft werden und wie das Prüfungsverfahren ausgeht. Sollte das jeweilige Verfahren negativ ausfallen, müsste die Möglichkeit einer Schlichtung oder rechtliche Schritte der momentanen Gesetzeslage gegeben sein. Es besteht trotz gewonnener Klage leider noch immer kein Beseitigungsanspruch der Barriere. Dies ist nicht der Sinn eines inklusiven Miteinanders. Die Motivation nicht zugängliche Schanigärten aufzuzeigen ist somit enden wollend. 

Wie wir erfahren haben soll es an die 3500 Schanigärten in Wien geben. Nur mit einer Bestandsaufnahme könnte man feststellen, wie viele davon auch von Rollstuhlnutzern befahrbar sind.

Forderung einer unabhängigen Anlaufstelle
Die Negativbeispiele nicht nur bei Schanigärten unterstreichen einmal mehr die Forderung nach einer unabhängigen Anlaufstelle, die für die Anliegen von behinderten Menschen zuständig ist. Eine Art Bürgerdienst für diese Bevölkerungsgruppe, die jedoch nicht nur beratende Funktion hat wie die MA 25, sondern die Erfüllung von Richtlinien bzw. gesetzlichen Rahmenbedingungen bei den verschiedenen Stellen auch einfordern kann – auch bei diskriminierenden Gastgärten. Bei wiederholter Zurechtweisung sollten dann auch Strafmaßnahmen möglich sein. Allein die Androhung die Bewilligung zu entziehen, kann Wunder bewirken.

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